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Geräuschwelten XIII
MPD/Das Lolitakollektiv, Sudden Infant, Lucas Abela - 19.03.2004 Cuba, Münster

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 Kulturelle Sitzveranstaltung

Es wusste wohl kaum jemand, was sich auf diesem Konzert wirklich abspielen wird. Keine Erwartungshaltung in irgendeiner Form. Deshalb wurde die Reise in die Innenstadt von Münster auch nur von starkem Regenfall begleitet. Der Weg zum leicht zu findenden Cuba führte dennoch nicht sofort zum Ziel, da man den beweglichen Metallblock vorher auch noch loswerden musste. Eine Parkplatzsuche der Superlative. Nachdem man den Kampf in der Fußgängerzone gewann, gestaltete sich die Gegenüberstellung auf der in falscher Richtung befahrenen Busspur schon schwieriger.

Aber egal. Keiner wurde verletzt und selbst das Auto blieb ganz. Oder besser gesagt in dem Zustand, in dem es sich vorher befand. Scherz beiseite.

Und nun zur eigentlichen Veranstaltung. Die ganze Veranstaltung wurde fast von einer Person geschmissen. Getränkeverkauf, Eintritt, CD-Verkauf, Mischpult, Sprecher. Respekt! Es waren zwar nur 23 Personen auf dieser ausgewählten Veranstaltung, aber die gehörten auch wirklich zur Zielgruppe. Vielmehr Sitzmöglichkeiten standen wahrscheinlich auch gar nicht zur Verfügung. Durch die geschickte Anordnung der Sitzreihen wirkte der Raum ausgefüllt.

Die Geräuschveranstaltung begann mit dem Projekt: MPD/Das Lolitakollektiv. Analoge Technik, die in keiner Weise durch den Einsatz von Computern begleitet wurde, verursachte neugierige Blicke des Publikums auf den Tisch, wo sich Synthesizer, Blechtrommel, Mixer, Vibratoren und andere Haushaltsgeräte zu einer Einheit zusammenfanden, um einen sich nicht wiederholenden Geräuschteppich  zu verursachen.

Sicherlich trifft diese Klangkunst nicht den Geschmack der Allgemeinheit, die auch nicht da war, sondern vielmehr den, der Zielgruppe. Die knapp 30 Minuten Krach hätten ein wenig durch visuelle Effekte untermalt werden können, um eine noch bessere Atmosphäre zu schaffen.

Nach einer kurzen Pause im Vorraum wurde das Konzert durch den zweiten Auftritt fortgesetzt. Das Projekt Sudden Infant aus der Schweiz bestach im ersten Moment durch das markante Aussehen des Künstlers. Durch den genialen Sound und die gelungene Performance wurde das Interesse des Publikums noch weiter gesteigert. Das Bearbeiten einer Puppe mit angeschlossenen Effektgeräten und die Bewegungen des Künstlers machen diesen Auftritt unvergesslich.

Leider war nach 20 Minuten bereits Schluss. Viele Zuschauer haben sich eine Verlängerung gewünscht. Die zwar nicht lautstark gefordert wurde, aber sich zumindest in Kommentaren und in den Gesichtern widerspiegelte.

Was danach kam, war wirklich der absolute Hammer. Lucas Abela aus Australien. Man war das/der heftig. Ein barfüssiger Künstler, der mit einer Glasscheibe, Kontaktmikros und einem Verzerrer Klänge verursachte, die bei einem fast eine Gänsehaut auslösten. Davon mal abgesehen, wurde das auch noch von einer Performance begleitet, wo man sich aus Sicherheitsgründe sicherlich nicht freiwillig in die erste Reihe setzen sollte. Konnte zu diesem Zeitpunkt aber noch niemand wissen.

Der Auftritt begann damit, dass er sich eine Tube Gleitmittel ins Gesicht und in den Mund schmierte. Er presste sein Gesicht gegen die Scheibe und sabberte durch das Pressatmen diese voll und erzeugte so diese außergewöhnlichen Klänge.

Im Vorfeld konnte man den Künstler schon an seinem leicht verletzten Gesicht erkennen. Da war dann während des Gigs klar, dass die Scheibe wohl bei keinem zweiten Auftritt zum Einsatz kommen wird.

Schließlich geschah auch das, was geschehen musste. Er zertrümmerte die Scheibe an seiner Stirn. Die Scherben flogen durch das Publikum und er lief barfuss durch sie hindurch. So etwas lässt sich nicht ohne Verletzungen überstehen. Manche Personen geben halt alles. Und er gehört definitiv dazu.

And242

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