Zum dritten Mal jährte sich nun das Kernkrach-Festival und war wieder einmal Anlaufpunkt für viele
Minimal-Fans, die teilweise sehr weit angereist waren.
Im Gegensatz zu den beiden vorherigen Festivals, die in Warendorf stattfanden, gab es diesmal ein Debüt im Bielefelder
Falkendom. Viele nutzten den Ortswechsel für einen spontanen oder geplanten Besuch, da sie diesmal nicht mit der „großen" Entfernung nach Warendorf zu kämpfen hatten. Im Gegensatz zum Veranstaltungsort in Warendorf war
im Inneren des
Falkendoms wesentlich kleiner und auch düsterer, dennoch fanden die zahlreichen Gäste vor der Bühne ausreichend Platz
und konnten alles sehen.
Vier Projekte standen für den Abend auf dem Programm, für die gerade einmal zusammen 12 Euro verlangt wurden. Über die Reihenfolge der Auftritte wurde anfangs noch spekuliert, als man jedoch auf der Bühne Einkaufswagen und Schaufensterpuppenteile entdeckte, war relativ schnell klar, dass
Rasputeen beginnen werden. Um kurz nach 19:30 Uhr ging es
dann los, allerdings nicht mit Rasputeen, sondern mit der
Eröffnungszeremonie von Sütterlin. Er besang in
Dieter-Thomas Heck-Geschwindigkeit die gute alte "NDW"-Zeit.
Anschließend legten dann Rasputeen los, wilde Masken und Frisuren zierten das Bühnenbild. Begleitet wurde diese Inszenierung von fröhlichen, minimalen und tanzbaren Klängen. Gleich das erste Stück,
Schaufensterpuppe, brachte ein dezentes Lächeln in so manches Gesicht unter den Zuschauern, die wohl etwas mehr als andere auf den Text geachtet haben.
Frei nach dem Motto, das Leben ist ein Ponyhof, ging es gleich weiter. Das Stück
Mädchen und Pferde mit dem etwas doppeldeutigen Text würde sicherlich beim Senden auf seriösen Radiostationen immer noch Probleme mit der Zensur bekommen, obwohl die meisten Menschen in der heutigen Zeit recht abgestumpft sind und diesen Inhalt gut für die Aufklärung ihrer Kinder nutzen könnten.
Ich weiß gar nicht genau, wie viel Personen an dem Projekt Rasputeen beteiligt sind, aber es waren teilweise mehr als fünf auf der Bühne. Ob sie nun an den Geräten rumgeschraubt, Getränke ausgegeben, Einkaufswagen bearbeitet oder Leberwurstbrote verteilt haben, für das Auge, das Ohr und die gute Laune wurde auf jeden Fall viel geboten.
Weitergehen sollte es mit dem französischem Projekt Rob Droid. Doch während
der Umbauphase gab es noch eine der „gefürchteten" Zwischeneinspielungen, die ein fester Bestandteil jedes Kernkrach-Festivals sind. Ein duschender Punker durfte hinter einem Vorhang mit einer nicht gerade kleinen MoLa einen alten Punkklassiker von
Slime singen.
Diese Brücke brachte uns dann gleich auf eine Reise zu einem anderen Planeten, die von dem Projekt
Rob Droid begleitet wurde. Obwohl sich „nur" eine Person auf der Bühne befand, nahm sich diese heraus, gleich mit zwei Mikrophonen zu arbeiten. Das eine wurde benötigt, um mit normaler Stimme zu singen und das andere wurde so angeschlossen, dass die Stimme mit Hilfe eines Keyboards in Richtung Roboterklang verfremdet werde konnte. Sein Outfit bestand aus einem übergestülpten Fernseher, einer frisierten Hose und Knieschützern, die allerdings nicht benötigt wurden. Der Fernseher wurde allerdings schnell wieder entfernt, da er sicherlich mit einem geringen Tragekomfort verbunden war. Da der Auftritt sehr gut ankam, gab es zum Schluss noch zwei Zugaben, die bestimmt nicht geplant waren, denn weitere Stücke standen offensichtlich nicht zur Verfügung, was wiederum zu einer erneuten Darbietung von
Lotek Warrior führte - eine gute Wahl!
Um das Publikum wieder zurück auf die Erde zu holen, gab es als Zwischeneinlage diesmal ein wenig Gymnastik und währenddessen machten sich im Hintergrund
Charles Lindbergh n.e.V. bereit. Nach einer Verdunkelung und dem Start einer Videoprojektion legten
Charles Lindbergh n.e.V. dann los. Die sehr gute Performance kombiniert mit den Achtzigerjahre-Sounds hatte anfänglich hohe Erwartungen bei den Gästen erzeugt. Nach zwei Stücken brach es dann leider ein wenig ein. Vielleicht lag es daran, dass der Gesang zu sehr im Vordergrund stand. Meiner Meinung nach hätten die sympathischen Protagonisten ruhig mehr Stücke im Stil von
jetzt spielen sollen. Ein Gesangstück stach neben Auf in den
Kampf dennoch hervor, leider ist mir der Titel nicht bekannt, aber ich
meinte, da wurden kurze Joachim Witt-Sequenzen eingebaut.
Nach diesem Auftritt kam Dr. Kernkrach als Ballzauberer auf die Bühne, der Stück für Stück seine neue Fußballmannschaft vorstellte und von seinen Kameraden handsignierte Fußbälle ins Publikum schießen ließ. Glücklicherweise handelte es sich dabei
nicht um Tangobälle.
Auf den groß angekündigten Höhepunkt musste etwas gewartet werden, da sich der Aufbau der Technik etwas in die Länge zog. Die Stimmung wurde dadurch allerdings nicht gedämpft, da es genug Möglichkeiten gab, die Zeit durch Plattenkäufe oder Gespräche sinnvoll zu nutzen. Ca. Null Uhr gab es dann die erwünschten Minimalklänge von den
Human Puppets.
Nach jedem Stück musste die Technik neu konfiguriert werden. Dazu wurden Kabel umgesteckt und an den Geräten wild rumgeschraubt. Für den ein oder anderen wirkte dies wie das Lösen von technischen Problemen, in Wirklichkeit haben sie aber einfach nur richtig live gespielt. Ich hab auch schon mal ein Projekt „live" erlebt, was ihre Sounds am Mischpult per CD abspielen ließ und so taten, als ob diese an ihren Instrumenten erzeugt werden, wobei die noch nicht einmal angeschlossen waren. Dann schon lieber eine ehrliche Performance, die vielleicht nicht ganz fehlerfrei wirkt. Für mich war es das zweite Mal, dass ich das griechische Projekt
Human Puppets bewundern durfte. Ich bin allerdings trotzdem nicht in der Lage, beide Auftritte miteinander zu vergleichen, geschweige denn festzulegen, welcher besser war bzw. mir besser gefallen hat. Ich weiß nur, dass ich mich über weitere Auftritte von den
Human Puppets freuen würde.
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