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Geräuschwelten #37

Giancarlo Toniutti (I), Feine Trinkers Bei Pinkels Daheim (D), Fire/In/The/Head (USA)

Freitag, 13.04.2007 Cuba, Münster

 

 

Kleiner Kreis im kleinen Raum mit großer Überraschung

Nicht zum ersten Mal war ich am Freitag, den 13.04.2007, Gast bei den <Geräuschwelten> im Cuba in Münster. Die inzwischen 37. Geräuschwelten-Party war aber durch die vielseitigen Auftritte etwas besonderes, was unter anderem an dem Auftritt von F/I/T/H lag. Die eher experimentellen und ruhigeren Auftritte der Vergangenheit ließen im Vorfeld nicht darauf schließen, dass man in Münster mal in den Genuss kommen würde, dort Powerelectronics Klänge zu vernehmen. Eine dementsprechend große Überraschung war dann natürlich die Ankündigung des F/I/T/H-Auftritts.

Die noch relativ geringe Anzahl der Konzertbesucher zum Einlasszeitpunkt änderte sich glücklicherweise mit dem Beginn des ersten Auftritts um ca. 20:30 Uhr. Das Konzert bzw. Minifestival wurde wieder einmal durch den Veranstalter mit einer kleinen Ansprache angekündigt und darauf hingewiesen, dass der erste Auftritt von Giancarlo Toniutti ein spezielles Klangerlebnis ist, das man am besten durch Bewegung im Raum aufnehmen sollte. Selbstverständlich konnte man auch einen der zur Verfügung gestellten Stühle als Hilfsmittel für weniger Klangdynamik nutzen. Ich zog es allerdings vor, meine Position im Raum öfter mal zu ändern. Der fast einstündige Auftritt von Giancarlo Toniutti baute sich mit wenigen hohen Tönen immer weiter auf und man versuchte währenddessen den Künstler im stark abgedunkelten Raum zu lokalisieren. Nachdem die ersten Klänge durch andauerndes Gewittergrummeln ergänzt wurden, bemerkte ich, wahrscheinlich als letzter, den Künstler im Nebenraum, wo er sich unter anderem mit dem Mischen der verschiedenen Spuren an einer Art Stehpult beschäftigte. Die sehr minimalistischen Klänge animierten bei einem Großteil der Besucher im Kopf dazu passende Bilder entstehen zu lassen, weshalb wahrscheinlich ein paar extra die Augen schlossen.

Nach einer kurzen Pause im Vorraum ging es weiter mit einem klassischen CUBA-Auftritt, bei dem sich der Künstler hinter einem Tisch vor seinen Geräten befand und die Gäste brav in mehreren Sitzreihen ihm gegenüber. Der weiß gekleidete Künstler Feine Trinkers Bei Pinkels Daheim bot den Gästen nicht nur hervorragende Klänge wie sein Vorgänger, sondern erzeugte diese teilweise live mit verschiedenen Hilfsmitteln. So wurden beispielsweise kleine Äste zerbrochen und die dabei entstandenen Geräusche in die Klangspuren des elektronischen Equipments integriert. Außerdem wurde während der Darbietung ein wenig Vinyl aufgelegt. So kam es, dass sich der Künstler ständig um seine Gerätschaften und den Tisch bewegte, was ein fotografisches Einfangen mit einer Langzeitbelichtung kaum ermöglichte. Der meiner Meinung nach viel zu kurze Auftritt wurde leider nicht durch eine Zugabe verlängert, obwohl noch genug Stöcke vorhanden waren.

Das F/I/T/H (Fire In The Head) den Höhepunkt des Abends darstellen würden, war ohne Zweifel und so wunderte sich auch niemand darüber, dass sie mit ihrem Auftritt als letztes dran waren. Da ich F/I/T/H schon ein halbes Jahr vorher bewundern durfte, war ich allerdings besorgt, ob ihre selbststörerische Show auch bei so einem kleinen Publikum ankommen würde. Zum Glück gab es keine Bühne, sonst hätte sich der Sänger bestimmt bei seinem Torkeln und Gleichgewichtverlust ernsthafte Verletzungen zugezogen. Wie immer saß er zu Anfang besinnlich auf dem Boden, um dann mit seiner Schreiattacke explosionsartig rückwärts ins Publikum zu stürzen, ohne die Gewissheit zu haben, aufgefangen zu werden. Und so kam es, dass er beim Kippen zwar noch zwei Gäste berührte, dann aber lang auf dem Boden lag. Eine zweite Chance gab man ihm für so eine Aktion allerdings nicht, da sich die meisten Gäste jetzt plötzlich am Rand aufhielten. In seinem selbst erzeugten Korridor gab es keinen Widerstand mehr, so dass er es vorzog, beim Vor- und Zurückgehen plötzlich zur Seite zu fallen, wo er allerdings aufgefangen wurde. Nachdem sich die Performance zusammen mit den Powerelectronics-Klängen und dem Propagandageschrei immer weiter aufbaute, gab es ein unerwartetes, technisches Problem - Das Mikrofon versagte plötzlich!
Der Sänger versuchte dies zwar noch mit wenigen Handgriffen zu reparieren, konnte den ursprünglichen Zustand aber nicht wieder herstellen. Für einen kurzen Moment improvisierte er zwar noch mit seiner eigenen Stimme, mit der annähernd an die vorherige Lautstärke rankam, allerdings ohne Echo-Effekt. Das brachte ihn wohl so in Rage, dass er völlig aggressiv auf die technischen Geräte zustürmte und alles auf den Boden schmiss. Danach rannte er wutentbrannt zum Ausgang und trat dabei fast noch die schwere Tür aus den Angeln.
Kommentar des Veranstalters: Das war’ s dann wohl. (Nach ungefähr 10-15 Minuten!)

Der für eine gewisse Zeit nicht auffindbare Sänger kam dann, immer noch geladen, wieder zurück ins Cuba und unterhielt sich dann mit dem Veranstalter. Dieser teilte uns dann mit, dass es noch einen kurzen Versuch geben wird. Nach Aufbau des halben Equipments (der Rest war wahrscheinlich unbrauchbar) legte der Sänger mit vollem Einsatz los. Gespielt wurden noch einmal 5 Minuten, dann wurde der Saft abgeschaltet, diesmal allerdings beabsichtigt. Kurze Aufrufe nach einer Zugabe wurden nicht überhört und so kamen wir alle noch einmal in den Genuss von 10 Sekunden F/I/T/H!

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass mir die Abwechslung dieser Geräuschwelten-Veranstaltung ganz besonders gefallen hat. Der unbezahlbare Ausbruch des F/I/T/H-Sängers war daran mit ziemlicher Sicherheit nicht ganz unschuldig!

20070416

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Giancarlo Toniutti

Giancarlo Toniutti

Feine Trinkers Bei Pinkels Daheim

Feine Trinkers Bei Pinkels Daheim

Fire/In/The/Head

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