Viel Positives hab ich im Vorfeld bereits vom Oberhausener
<Gasometer> gehört, von dem, was mich erwarten würde, hatte ich allerdings keine Ahnung. Der außergewöhnliche Konzertbeginn um 12:00 Uhr veranlasste mich am Samstag mal ausnahmsweise den Wecker zu stellen, um den ersten Auftritt nicht zu verpassen. Schließlich musste ja eine gewisse Anreisezeit berücksichtig werden. Ohne zeitintensive Zwischenfälle erreichte ich recht pünktlich den Veranstaltungsort.
An der Kasse gab es allerdings keinen Hinweis auf das
vom <Schallwende
e.V.> organisierte Konzert, sondern nur auf die aktuelle Ausstellung
"Das Auge des Himmels". Neugierig fragte ich natürlich den Kassierer nach den Konzerten, der mir die Auftritte aber glücklicherweise bestätigen konnte. Für gerade einmal sechs Euro durfte ich dann den riesigen Turm, der schon von außen recht imposant wirkte, betreten. Im Inneren viel mir sofort die Kinnlade runter, war ich doch überhaupt nicht auf so eine faszinierende Ausstellung vorbereitet. Die gesamte Grundfläche des Gasometers war mit Stellwänden versehen, auf denen überdimensionalgroße Satellitenbilder präsentiert wurden. In den Zwischenräumen gab es Raketen- und Satellitenmodelle zu bewundern. Außerdem gab es noch ein kleines Kino und einen Blick auf eine riesige Videoleinwand, auf der Bilder gezeigt wurden, deren Betrachtungswinkel sich über eine Art Joystickbedienung verändern ließ.
Wenn man bedenkt, dass ich eigentlich wegen der im Gasometer stattfindenden Konzerte den Weg auf mich nahm, brauchte ich durch mein Staunen im unteren Bereich verdammt viel Zeit, um in die Nähe der Künstler zu kommen. Sie hatten ihr Equipment zwei Ebenen höher aufgebaut. Als ich mich dann endlich entschloss, weiter zu gehen, musste ich mich in der Zwischenebene einer gewissen Herausforderung stellen. Das einwandfreie Durchqueren konnte nur mit absoluter Konzentration bewerkstelligt werden, um sich bei der dezenten Beleuchtung nicht den Kopf an den Querstreben zu stoßen oder über die Befestigung im Bodenbereich zu stolpern. Rein vorsorglich waren die Streben zwar im oberen Bereich mit Schaumstoff gepolstert, nur halt nicht in meinem Wirkungsbereich.
Nach einem unfreiwilligen Umweg kam ich dann zur leicht versteckten Treppe, über
die man zu den Akteuren und zur Tribüne gelangte. Zum Glück hab ich vom ersten
Auftritt nichts verpasst, von der kleinen Ansprache bis auf das Klatschen
allerdings alles. Viel sehen konnte man zu Anfang nicht, weil sich die Augen
erst eine gewisse Zeit an die Dunkelheit gewöhnen mussten. Nur die Umrisse der
stählernen Tribüne, die Gondel des meterhohen Aufzugs und ein paar beleuchtete
Geräte im Zentrum der Plattform waren zu erkennen. Ein Blick zur Decke ging
vorbei an vielen kleinen Lampen an der Wand, die wie Sterne wirkten. Im Zenit
gab es dann ein Muster zu bewundern, dass sich aus mehreren Kreissegmenten
zusammensetzte. Das durch die extreme Höhe fast kegelförmig wirkende Gebäude war nicht nur optisch etwas ganz besonderes, auch die vorhandene Akustik mit ihrem ausgeprägten Hall wusste zu begeistern. Bekannte Geräusche und Beifall konnte man hier in ganz anderen Dimensionen erleben.
Trotz der bis dahin schon vielen positiven Eindrücke gab es noch eine weitere Steigerung durch die Auftritte der verschiedenen Künstler. Das Set von
Stephen Parsick konnte man durchgängig der Richtung Ambient zuordnen. Im Großen und Ganzen gab es sehr düstere Klänge, die komplett ohne Rhythmen auskamen. Leider erreicht man mit diesem Stil, der so genannten Hintergrundbeschallung, nicht so eine Aufmerksamkeit wie mit konventionellen Klängen. Viele merkten deshalb erst gar nicht, dass es sich dabei um ein Konzert handelte. Orientierungsprobleme, bedingt durch die Dunkelheit, und das Ziel, möglichst schnell das Dach des Gasometers zu erreichen, haben diese Nicht-Wahrnehmung sicherlich noch ein wenig verstärkt.
Moonbooter hatte mit seiner Darbietung und seinem Konzept den „Inkognito-Status" mehr als abgelegt. Durch den hell leuchtenden Schriftzug auf dem Boden und die intensive Videoprojektion auf der Leinwand, direkt neben seinen Synthesizern, konnten die Besucher hier nicht teilnahmslos vorbeilaufen. Seine sphärischen Klänge wurden durch sanfte Rhythmen begleitet und wirkten alles andere als düster. Untermalt durch historische NASA-Aufnahmen, Computeranimationen und sonstige technische Dokumentationen ergab sich das Bild einer Welt, die jenseits von allen irdischen Problemen existiert.
Der dritte Auftritt erfolgte erst nach einer Abbau- bzw. Aufbauphase. Diese Zeit nutzte ich, um mir die Region Oberhausen ein wenig aus der Luft anzuschauen. Die recht zügige Fahrt mit dem Aufzug erinnerte schon ein wenig an einen kleinen Raketenstart. Durch die gläserne Konstruktion des Aufzugs konnte dieses Gefühl noch ein wenig verstärkt werden. Besonders windgeschützt war der Dachbereich mit den Aussichtsplattformen natürlich nicht, dafür war die Aussicht aber umso besser. Nach dem Schiessen mehrerer Bilder und mit neuer Frisur entschloss ich mich wieder ins Innere zurückzukehren.
Nach einer kurzen Wartezeit konnte man sich nun den von Gert Emmens erzeugten Klängen hingeben. Das von ihm persönlich also
"Retro" betitelte Set, setzte sich zusammen aus ruhigen Melodien, untermalt mit weichen Sequenzen und Rhythmen. Diese wiesen sehr viel Parallelen zu den Werken von
Tangerine Dream aus den 80ern auf. Dadurch wurde mein Geschmacksnerv natürlich sofort getroffen.
Da mir dieser Tag unheimlich positiv in Erinnerung geblieben ist, spiele ich mit dem Gedanken, diese Ausstellung noch einmal zu besuchen, um wieder in diese Weltraumatmosphäre eintauchen zu können, bevor sie am 03.12.2007 im wahrsten Sinne des Wortes auf Eis gelegt wird.
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