Dieser Satz ist sicherlich ein wenig in die Musikgeschichte eingegangen, gab es doch damals in den 80ern schon einen Titel von
Pyrolator,
der die regenträchtigste Stadt Deutschland so treffend beschrieb. Im Jahre 2007
wurden diese Worte wieder aufgegriffen und dienten als Namensgebung für den Live-Mitschnitt
des Konzertes von Phelios und Stephen Parsick in der Sophienkirche 2006.
Als man bei [diesem besonderen Konzert] noch davon ausging, dass
so eine Darbietung und Atmosphäre kaum zu überbieten sei, wurde man 2007 eines besseren belehrt. Der Künstler
Martin Stürtzer, besser bekannt unter dem Projektnamen Phelios, plante zusammen mit
Christian Stritzel einen außergewöhnlichen Auftritt in der Wuppertaler Schwebebahn. Im Vorfeld wurde diese Planung bereits mit einem großen Medienecho belohnt und führte so recht schnell zu einem Status: Ausverkauft! Da es weiterhin eine große Nachfrage gab, entschloss man sich kurzfristig die so genannte Fahrt Null bzw. Generalprobe ebenfalls für Gäste freizugeben.
Glücklicherweise kam ich in den Genuss, ein wenig an der Gestaltung des Abends im Rahmen einer Cafe-Beschallung zusammen mit dem Künstler
Atrox mitwirken zu dürfen. Dies wiederum ermöglichte mir einen Besuch im Schwebebahndepot, was sicherlich der erste Höhepunkt des Abends war. In gemütlicher Atmosphäre und im kleinen Kreis durfte ich ein wenig hinter die Kulissen dieses einzigartigen Transportmittels in Deutschland blicken. Zu bewundern gab es außerdem die Nostalgiebahn, die gerade ebenfalls für eine Sonderfahrt vorbereitet wurde.
Für das Konzert wurde allerdings bewusst ein aktuelles Modell in orange-blauer Farbgebung gewählt, da dies wesentlich futuristischer wirkt und eine durchgehende Verbindung zwischen den beiden Waggons besteht.
Das Ziehharmonikaelement, das man von Gelenkbussen kennt, diente als Bühne für die beiden Künstler. Sie mussten sich hier auf engstem Raum mit ihren Instrumenten arrangieren.
Phelios nutze einen MS-20-USB-Controler, um unter anderem die ganzen Spuren und Samples zu koordinieren.
Christian Stritzel spielte durch Handbewegungen berührungslos an einem analogen
Theremin von Moog und erzeugte so traumhaft sphärische Klänge.
Gegen ca. 19:20 Uhr startete die erste Fahrt, damit die leicht aufgeregten Künstler eine Generalprobe absolvieren konnten. Nach dem Verlassen des Depots wurden die ersten Gäste an der Endhaltestellte
Vohwinkel eingelassen, um der Generalprobe beiwohnen zu können. Weiter ging es ohne Zwischenhalt direkt zur Endhaltestelle
Oberbarmen, wo zu diesem Zeitpunkt sicherlich schon neugierig die Gäste
auf das unkonventionelle Erlebnis warteten.
Während der Fahrt wusste man gar nicht so recht, auf was man sich nun konzentrieren sollte: Auf das Pendeln der Bahn, den Ausblick auf die beleuchtete Stadt, die harmonischen Klänge der Instrumente, das Agieren der Künstler, das Reagieren der Gäste oder das gesamte Zusammenwirken. Gesteigert wurde die Darbietung noch, weil vieles der Umgebung in die Klangpräsentation eingearbeitet wurde. Besonders die ortskundigen Gäste haben dies sofort bemerkt.
Gab es über der unbeleuchteten Wupper noch ruhigere Klänge, wurden diese in Stadionnähe und beim Erreichen des Bayer-Geländes gewaltig durch rhythmische und perkussive Elemente ergänzt. Ein gelungenes Wechselspiel aus Ambientcollagen und Industrialbeats, das ich
so sicherlich nicht erwartet habe. Nach der Hälfte der Fahrt beschlugen die Scheiben leider ein wenig, so dass der Blick zur Außenwelt nur noch bedingt möglich war. Für die weiteren Fahrten wurden übrigens die Fenster leicht geöffnet und das Problem konnte gelöst werden.
Nach Abschluss der Generalprobe kam die Fahrzeugführerin aus ihrer Kabine und betrat das Wageninnere mit den Worten:
"Ich hab eine richtige Gänsehaut." Es war sicherlich auch für sie das erste Konzert in einer fahrenden Schwebebahn mit recht düsteren Klängen und eingeschalteter Notbeleuchtung.
Ein anschließender Wendevorgang in der Kehrschleife brachte die Bahn in die Position zum pünktlichen Start zur ersten offiziellen Fahrt von
Oberbarmen nach Vohwinkel. Die gut gefüllten Waggons setzten sich weniger aus Szenepublikum, sondern vielmehr aus neugierigen Wuppertalern und Künstlern zusammen. Das erklärte sicherlich auch die Blicke in teilweise kritische Gesichter. Begleitet wurde die Fahrt von verschiedenen Pressevertretern,
die sehr intensiv fotografierten, sich viel Notizen machten und versuchten, die
Klänge inklusive Atmosphäre mit einem Aufnahmegerät einzufangen.
Alle Sitze in der Bahn sind in Fahrtrichtung ausgerichtet, das hatte leider für die Gäste im vorderen Waggonteil den Nachteil, dass sie die Live-Darbietung im mittleren Bereich wahrscheinlich nicht sofort bemerkten.
Sie konzentrierten sich deshalb vermutlich mehr auf den Ausblick und die darauf
abgestimmten Klänge. Den Höhepunkt der Fahrt stellte dabei sicherlich wieder das Erreichen des Bayer-Geländes dar. Sehr unterhaltsam war
währenddessen der Anblick einer Dame, die diesen rhythmischen Klängen mit intensiven Kopfbewegungen noch mehr Ausdruck verlieh.
Da ich mich nicht entschloss, den sphärischen Klängen durch Augenschließen hinzugeben, konnte ich natürlich sehr aufmerksam mein Umfeld beobachten. Das Erreichen der verschiedenen „Haltestellen" war durch die Beleuchtung und ihre Form ein visuelles Erlebnis. Aber schmunzeln musste ich jedes Mal beim Durchfahren der einzelnen „Haltestellen". Ständig konnte man verträumte Fahrgäste beobachten, die sich wunderten, warum „ihr" Zug einfach weiterfuhr.
Abschließend wurden natürlich beide Künstler mit intensivem Beifall für ihre Darbietung belohnt. Auch ein paar Fahrgäste standen hinterher kurz im Mittelpunkt. Im Rahmen eines Radiointerviews durften sie ihre Meinung zum Ereignis abgeben und wurden nach einer musikalischen Zuordnung gefragt.
Eine weitere offizielle Fahrt durfte ich danach noch genießen, bevor ich mich langsam auf meine DJ-Tätigkeit im
Zweistein vorbereiten musste. Zusammenfassend zur Schwebebahnaktion kann ich den Daumen nur nach ganz oben heben. Hab selten so etwas Außergewöhnliches und Kreatives erlebt und es kann wirklich schwer werden, dies zu überbieten. Vor allem war ich froh, dass ich bei der Fahrt von
Oberbarmen nach Vohwinkel Gast sein durfte, da in dieser Richtung der dramaturgische Höhepunkt relativ spät kam und sich das Konzert auf diese Weise immer weiter steigerte. Jetzt bleibt eigentlich nur noch das Warten auf das Erscheinen der DVD, auf der das positive Presseecho, ein Livemitschnitt, die Vorbereitungsphase und eine kleine Videodokumentation zusammengetragen werden soll.
Das nochmalige Zusammentreffen der Künstler und vereinzelter Gäste in der Lokalität Zweistein war anfänglich weniger gemütlich, da die beengten Platzverhältnisse und die
große Anzahl der Besucher nicht richtig harmonierten. Gegen 00:00 Uhr änderte sich das dann aber schlagartig, was ich jetzt nicht unbedingt auf meine ausgewählten Musikstücke schieben würde, denn
Atrox legte vor mir wesentlich wilder auf. Vielleicht war den Gästen mein Set auch einfach nur zu weich. Die richtige Ursache war aber mit ziemlicher Sicherheit die Uhrzeit, bei der im Allgemeinen solche Lokalitäten verlassen werden.
Als Beweis gibt es die von mir am Abend gespielten Titel in alphabetischer Reihenfolge
und eine Auflistung von Atrox [weiter
unten].
Sehr schön war das Lob, was wir beide hinterher noch von Szenekennern bekommen haben. Aber auch szenefremde Gäste äußerten sich sehr positiv. Da bekommt man fast Lust, sich mal Gedanken über ein neues Konzept des Auflegens zu machen. Besonders hervorheben möchte ich das Engagement von
Atrox, der die gesamte Technik für die Aftershow-Party zur Verfügung stellte. Leider hatte er bei seiner An- und Abreise nicht so viel Glück wie ich. Er verbrachte mit seiner Begleitung an diesem Wochenende ca. 22 Stunden im Auto. Mögen diese beiden Personen in Zukunft von weiteren Staus ihr ganzes Leben lang verschont bleiben!
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